„Erfolge verbuche ich als reinen Zufall, ja Glück. Bei Misserfolgen war ich nicht gut genug!“
Glaubenssätze wie dieser sind verfestigte Annahmen mit Allgemeingültigkeitscharakter, die wir unbewusst über uns, über andere und über die Welt im Allgemeinen treffen. Wir nehmen sie also als Wahrheiten wahr, ohne uns darüber im Klaren zu sein, dass sie unsere Sicht auf die Welt und unsere Handlungen beeinflussen. Psychologisch betrachtet handelt es sich dabei um kognitive Verzerrungen, die meist sehr absolut in ihrer Aussage sind, was sich auch darin zeigt, dass sie nicht selten unangemessene Imperative wie sollen, müssen, nicht dürfen oder (Über)Generalisierungen wie man, überhaupt nicht, niemals, immer, völlig, keiner, alle oder jeder bemühen. Sie kommen aber durchaus auch ohne diese aus.
Wir alle haben Glaubenssätze in unserem Köpfen, positive wie negative. Glaubenssätze haben grundsätzlich erst einmal durchaus eine wichtige Funktion, denn sie können uns dabei helfen, unsere komplexe Welt zu verstehen und uns in ihr zu orientieren. Während aber Sätze wie „Ich habe ein glückliches Händchen mit Geld.“, „Ich bin liebenswert.“ oder „Wenn ich etwas wirklich erreichen will, dann schaffe ich das auch immer.“ eher unproblematisch sind, weil sie uns in unserem Handeln positiv bestärken, schaut dies im Fall von Glaubenssätzen wie „Egal, wie sehr ich mich anstrenge, ich werde nie richtig erfolgreich sein.“, „Es interessiert sich ja eh keiner für mich.“ und „Dafür bin ich zu alt.“ schon ganz anders aus. Diese wirken eher limitierend auf unser Denken und das daraus resultierende Handeln.
Wenn wir uns in einer Lebenssituation darüber bewusst werden, dass uns diese „Leitsätze“ einschränken, kann der Wunsch entstehen, sich von diesem zu lösen. Das erscheint für viele Menschen zunächst schier unmöglich, weil sich das Denkmuster über viele Jahre sehr stark verfestigt hat. Tatsächlich aber können wir uns auf den Weg begeben, Glaubenssätze Schritt für Schritt aufzulösen und uns damit selbstwirksam zu ermöglichen, ein zufriedeneres Leben zu führen, bessere Entscheidungen zu treffen oder einen offeneren Blick für unsere Lebenswirklichkeiten zu entwickeln.
Was also benötigen wir dafür? - Nun, es braucht sicherlich vor allem Geduld und Milde sich selbst gegenüber. Glaubenssätze lassen sich nicht von heute auf morgen auflösen und es ist auch ganz sicher kein einfacher Prozess. Die folgenden 5 Schritte aber können dabei eine gute Hilfestellung sein.
1. Glaubenssätze identifizieren
Um negative Glaubenssätze aufzulösen, ist es zunächst natürlich unerlässlich, sich ihrer bewusst zu werden, sie also überhaupt erst einmal zu erkennen. Dafür kann es hilfreich sein, gegenüber seinen eigenen Gedanken, Überzeugungen und Äußerungen aufmerksam zu sein und diese zu hinterfragen. Ein guter Weg, sich dem zu nähern, kann darin bestehen, sie aufzuschreiben, z. B. in Form eines Tagebuchs. Achten Sie dabei auf verallgemeinernde oder sich häufig wiederholende negative oder defizitorientierte Denkweisen. Sie können sich aber auch fragen, welche „Leitsätze“ Sie in bestimmten Lebensthemen als Orientierung verinnerlicht haben. Als Ansatz dafür können Sie sich z. B. fragen:
Was denke ich über…
mich?
meine:n Partner:in
meine Freund:innen
meine:n Kolleg:innen
oder
Wie blicke ich auf…
mein Privatleben?
meine berufliche Karriere?
meine Gesundheit?
meine Familie?
oder
Welche Vorstellung habe ich von…
Glück?
Liebe?
Erfolg?
Freundschaft?
Identifizieren Sie negative oder limitierende Glaubenssätze und beantworten Sie für sich die Frage, woran Sie einzelne Glaubenssätze hindern? Welche Auswirkungen haben sie auf Ihr Leben?
2. Ursprünge von Glaubenssätzen erkunden
Überlegen Sie im nächsten Schritt, woher negative Glaubenssätze kommen könnten. Versuchen Sie, bereits identifizierte Glaubenssätze bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen. Fragen Sie sich dazu, seit wann Sie ein Glaubenssatz bereits begleitet oder in welchen Situationen dieser eine Rolle gespielt hat. Glaubenssätze sind häufig Prägungen aus dem Kindesalter. Indem wir schauen, wann oder in welchen Situationen diese „geboren“ wurden, können wir hinterfragen, ob diese tatsächlich unsere eigenen Vorstellungen widerspiegeln, also zu uns gehören, oder aber ob wir sie in früherer Zeit von unseren Eltern, Erzieher:innen, Lehrer:innen, Großeltern, Geschwistern etc. übernommen haben.
3. Glaubenssätze prüfen
Stellen Sie Ihre Glaubenssätze auf den Prüfstand, indem Sie deren Richtigkeit hinterfragen. Gibt es tatsächlich Beweise dafür, dass diese Überzeugungen immer und jederzeit wahr sind? Oder handelt es sich nur um Annahmen oder Vermutungen? Wenn Sie feststellen, dass es keine hinreichende Evidenz gibt, die Ihre Glaubenssätze stützen, können Sie beginnen, diese in Frage zu stellen.
Nehmen wir beispielsweise den Glaubenssatz „Ich habe immer Pech.“ Jemand, der diesen Glaubenssatz verinnerlicht hat, könnte sich fragen: Habe ich tatsächlich immer Pech und kann ich wirklich zu 100 Prozent ausschließen, dass es jemals anders sein wird?
Begeben Sie sich auf die Suche nach positiven Gegenbeispielen aus Ihrem Leben, die den negativen Glaubenssatz widerlegen. Fragen Sie sich also „Wann war es schon einmal anders?“. Indem Sie sich auf positive Beispiele konzentrieren, können Sie Ihre negativen Glaubenssätze herausfordern und aufbrechen.
4. Negative Glaubenssätze in positive Glaubenssätze umformulieren
Wandeln Sie negative Glaubenssätze in positive Gedanken um. Schreiben Sie diese idealerweise auf. Hier einige Beispiele:
Negativer Glaubenssatz Positiver Glaubenssatz
Ich habe immer Pech. Mir kann jederzeit Gutes widerfahren.
Das kann ich niemals schaffen. Ich habe alles, was ich brauche, um mein Ziel zu erreichen.
Keiner liebt mich. Ich bin ein liebenswerter Mensch.
5. Affirmation
Um diese neuen, positiven Glaubenssätze nach und nach in das eigene Leben zu integrieren, müssen wir einerseits lernen, die alten, negativen Glaubenssätze loszulassen und anderseits die neu entwickelten, positiven Glaubenssätze in unseren Alltag hineinzuladen. Affirmation bedeutet, diese neuen Denkweisen zu bejahen und diese immer wieder ins Gedächtnis zu rufen oder sie auch für sich zu verbalisieren. Wichtig dabei ist, dass sie regelmäßig wiederholt werden und so ermöglicht wird, alte, negative Denkweisen zu verdrängen und diese nachhaltig durch neue, positive zu ersetzen.
Dies kann, wie schon bemerkt, ein herausfordernder Prozess sein. Suchen Sie sich daher Unterstützung von Freunden, Familie oder, wenn Sie merken, dass Sie nicht allein weiterkommen, auch von professionellen Stellen. Eine unvoreingenommene Person kann Ihnen dabei helfen, Ihre Überzeugungen zu hinterfragen und neue Perspektiven zu finden.
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